Was Markus Krall jetzt versuchen will, haben schon viele vor ihm versucht und sind krachend gescheitert. Für eine neue FDP 2.0 ist weder das Wählerpotential vorhanden, noch gibt es genug politischen Raum für ein eigenständiges Programm. Der AfD kann die neue Partei daher kaum gefährlich werden; der FDP schon.
Man wird Markus Krall sicher nicht unterstellen können, dass er es nicht ernst meinen würde, mit seiner neuen Partei. Auch wird niemand ernsthaft behaupten können, dass er eine neue Scheinopposition nach dem Wunsch des Systems aufzubauen gedenke. Denn mit seiner Ankündigung, dass seine Partei keine „Brandmauer“ gegen die AfD errichten wird, macht er klar, dass er persönlich am undemokratischen Ausgrenzungsspiel „alle gegen einen“ nicht teilnehmen will.
Anders sieht es da schon mit Kralls wahrscheinlichem Mitstreiter Hans-Georg Maaßen aus. Krall verbreitet derzeit täglich Fotos, auf denen er gemeinsam mit dem ehemaligen Leiter der Verfassungsschutzbehörde abgelichtet ist. Maaßen ist zwar beim herrschenden Politbüro der Altparteien selbst in Ungnade gefallen, kann aber dennoch seine Sozialisierung im Merkel-System bis heute nicht ganz ablegen. Noch 2021 ließ er seine Mitgliedschaft in der sogenannten „Werte-Union“ ruhen, als diese den völlig honorigen Max Otte zu ihrem Vorsitzenden wählte. Otte wagte es bekanntlich, auf Anfrage der AfD für das Amt des Bundespräsidenten zu kandidieren. Maaßen macht also von den Mechanismen der politischen Korrektheit durchaus selbst Gebrauch, wenn es ihm in den politischen Kram passt.
Krall hat auf X (vormals Twitter) weitere personelle Überraschungen angekündigt. Sicher wird der eine oder andere Ex-AfD-ler, der mittlerweile mit seiner Solokarriere krachend gescheitert ist, zu den weniger überraschenden „Überraschungen“ dazu gehören. Wer von der Droge Politik einmal so richtig berauscht war, ist an einschlägigen Fixertreffpunkten immer wieder anzutreffen, sobald neuer Stoff auf dem politischen Markt angekündigt wird. Das Auftauchen von Anti-Flüglern in einer neuen Krall-Partei ist umso wahrscheinlicher, als die gescheiterte Ex-AfD-Prominenz durch die Bank dem selbsterklärten „liberalen Flügel“ in der AfD angehörte und Krall als bekennender Libertärer hier so etwas wie eine FDP auf Steroiden und ohne Brandmauer zur AfD anbietet. Zudem hat Krall erklärt, auf keinen Fall mit Grünen oder Linkspartei zusammen arbeiten zu wollen, weil diese „keine demokratischen Parteien“ seien.
Eine solche Krall-Partei mag der AfD zwar kaum einen halben Prozentpunkt kosten. Für die schwächelnde Lindner-FDP dagegen wird eine solche Partei zum echten Überlebensrisiko. Denn viele Träume der wieder und wieder enttäuschten FDP-Wähler dürften in so einer Partei zumindest programmatisch wahr werden.
Krall trägt auch mit seinen ultimativen Appellen an die Mitglieder der Werte-Union weitere Unruhe in die völlig führungslose Merz-Union. Diese versucht im rhetorischen Spagat, die AfD gleichzeitig zu verteufeln und zu kopieren. Nur von Gnaden eines Staatsfunks, der CDU/CSU bei dieser Strategie durch Wegsehen und Schweigen unterstützt, kann sie noch eine Weile über dem Abgrund schweben. Der Absturz für die Union kommt aber unvermeidlich.
Ebenso wenig wie Frau Wagenknecht ist auch ein Markus Krall alleine keine Partei. Wenn er bald, was anzunehmen ist, in „seiner“ Partei umstellt ist von eingefleischten Parteisoldaten der Werte-Union und gescheiterten Ex-AfD-lern, wird sich zeigen, ob der politische Laie Krall seine Ankündigung, auf Brandmauern zur AfD zu verzichten, gegen diese „Politikprofis“ wird durchsetzen können. Mit einem solchen Vorsatz sind schon ganz andere gescheitert. Ex-AfD-ler haben oft offene Rechnungen mit jener Partei zu begleichen, die sie aus dem Sattel warf. Und das etablierte Parteienkartell kennt in dieser Frage ohnehin kein Pardon – schon gar nicht für neue Mitspieler.
Für die AfD wird eine neue Krall-Partei langfristig vermutlich wenig gefährlich werden. Schon ihre Ankündigung schlug nicht die kleinsten Wellen in den sonst sehr nervösen sozialen Netzwerken. Sie erweitert lediglich den Pool jener Parteien, die als bewusste Konkurrenz zur AfD ins Rennen geschickt werden. Diese dürften sich aufgrund der Fünfprozenthürde zunehmend gegenseitig kannibalisieren. Nachdem die soziale Ausgrenzung der AfD de facto gescheitert ist, ist das Wählerpotential für den Pool der AfD-Plagiatsparteien noch weiter zusammenschrumpft, denn dort lebte man bis dato fast ausschließlich von eben dieser sozialen Stigmatisierung der AfD.
Im Hinblick auf die politischen Inhalte ist auch bis heute kein Raum zwischen der AfD und den Altparteien frei, der für eine erfolgreiche Parteineugründung ausreichen würde. Lucke, Petry und Meuthen mussten das am eigenen Leib erfahren. Sie sind mit ihrem im Grunde immer gleichen Konzept einer FDP 2.0, das Krall jetzt wieder neu aufzulegen versucht, allesamt krachend gescheitert.
Auch aufgrund der miterlebten Alleingänge der ehemaligen AfD-Sprecher, herrscht bei AfD-Anhängern und -Sympathisanten mittlerweile ein hohes Bewusstsein dafür, dass eine Zersplitterung des politischen Widerstands lediglich den derzeit herrschenden Kräften zugutekäme. Deutschland hat keine Zeit mehr für solche Experimente.