Was ist aus dem selbsternannten „Bündnis der Demokraten“ geworden, die alles tun wollten, um vereint die AfD von jedweder Regierungsverantwortung fernzuhalten?
Man sagt über Menschen, die bereits unter real existierenden Diktaturen gelitten haben, sie hätten gelernt „zwischen den Zeilen“ zu lesen. Das heißt, sie „lesen“ auch das, was eben NICHT berichtet wird, worüber NICHT gesprochen und NICHT nachgedacht werden soll. Menschen mit eigener Diktaturerfahrung lassen sich nicht vom Berichterstatter geistig durch die Ereignisse führen, sondern machen sich vorab ihre Erwartungen an die Berichterstattung klar und schauen dann, wo ihre Fragen beantwortet wurden und wo nicht. Für jede in diesem Sinne unbeantwortete Frage gilt ihnen: Keine Antwort ist auch eine Antwort! Und gerade in den unbeantworteten Fragen liegt erfahrungsgemäß die meiste politische Brisanz.
Dass Tim Lochner als erster Kandidat der AfD zum Oberbürgermeister einer deutschen Stadt gewählt wurde, lies sich natürlich nicht verheimlichen. Jeder echte Demokrat muss ihm dazu gratulieren! Dass er mit rund 38 Prozent zum Oberbürgermeister gewählt wurde, das war schon etwas erklärungsbedürftig: Denn 38 Prozent stellen doch noch keine absolute Mehrheit dar. Dies wurde den Konsumenten der Mainstreammedien meist mit dem lapidaren Satz erklärt, dass es in Sachsen im zweiten Wahlgang keine Stichwahl gibt und eine einfache Mehrheit daher eben ausreichen würde. Wenn der Bürger sich selbst keine eigenen Fragen stellt, also zwischen den Zeilen liest, dann lässt er sich in der Regel mit einer derartigen Erklärung abspeisen.
Doch warum traten in Pirna überhaupt drei Kandidaten im zweiten Wahlgang an und nicht nur zwei? Niemand kann doch Kandidaten zwingen, zum zweiten Male anzutreten! Was ist aus dem selbsternannten „Bündnis der Demokraten“ geworden, die alles tun wollten, um vereint die AfD aus jedweder Regierungsverantwortung fernzuhalten? Die simple Wahrheit, die nur in wenigen Mainstreamartikeln zu Lochners Wahl noch erwähnt wurde, ist, dass man sich im Lager der Einheitsfront diesmal nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen konnte. Insbesondere wollte die drittplatzierte CDU-Kandidatin nicht zugunsten des zweitplatzierten Kandidaten der „Freien Wähler“ ihre Kandidatur zurückziehen. Die heutige Wahl in Pirna zeigt: Wenn es um Ämter und Pfründe geht, ist das „Bündnis der Demokraten“ schnell Makulatur.
Die etablierte Beutegemeinschaft der Altparteien (Ja, auch die „Freien Wähler“ sind eine solche!) hat auf diese Weise heute eine erhebliche Schlappe eingefahren. Ein unübersehbarer Riss geht seit heute durch die Brandmauer der Einheitsfront der Altparteien. Nach der sozialen Ausgrenzung der AfD-Wähler scheitert nun auch zusehends die parteipolitische Isolierung der einzig echten Oppositionspartei.
Die regierungsnahen Kartellmedien wollen den Wähler von solchen naheliegenden Schlussfolgerungen natürlich fernhalten. Deshalb ist die Aufregung über derartige „Tabubrüche“ mittlerweile sehr zurückhaltend geworden. Die Brandmauer stürzt medial sehr leise ein. Ein lautes Donnern könnte den sedierten Wähler nämlich aufwecken und an seine eigene Macht erinnern: Dass er in einer Demokratie selbst bestimmt, von wem er regiert werden möchte und von wem nicht. Keine Mainstreammedien, kein „Verfassungsschutz“ und keine „Brandmauern“ können seinen freien Willen in der Wahlkabine in Ketten legen.