Die Massenmigration stellt Deutschland vor gravierende Herausforderungen. Eine schnelle Lösung für das Problem scheint darin zu bestehen, aus Fremden – unter denkbar geringen Auflagen – einfach formal Deutsche zu machen. Dieses Denken ist heute weiter verbreitet als man annehmen möchte. Doch wissen wir wirklich, was wir damit aufgeben?
Anlass zu diesem Artikel gibt ein Vortragsabend in einer nahegelegenen Ortschaft. Dort referierte Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD) über seine Russland-Reise und die damit verbundenen politischen Implikationen, inklusive einer handfesten Kritik an der NATO sowie an der amerikanischen Außenpolitik.
Im Frageteil der Veranstaltung ging es dann auch um das Thema Migration und Einbürgerungen. Dazu fielen sinngemäß folgende Sätze von Dr. Tillschneider: „Ein Akif Pirinçci ist für mich eher ein deutscher Patriot als die meisten Linken.“ Allgemeine Zustimmung und Applaus. Und weiter: „Deutsch zu sein, ist eine Idee, zu der man sich bekennen kann. Deutscher kann werden, wer sich integriert, fleißig ist, arbeitet, unsere Werte akzeptiert und für sie einsteht“. Ebenfalls lauter Applaus.
Diese weiche Position zur Einbürgerungsproblematik überrascht dann doch bei jemanden, der in der ohnehin als „rechts“ geframten AfD dem eher noch rechteren Spektrum des aufgelösten Flügels zugerechnet wird. Tillschneider ist eher nicht der Charaktertypus, der Kreide frisst, um beim Verfassungsschutz ein Sternchen ins Benimm-Heftchen geklebt zu bekommen. Und daher muss man diese Aussagen für bare Münze nehmen. Wenn aber das Abstammungsprinzip (ius sanguinis) selbst im rechten Flügel der konservativen AfD derart an Rückhalt verliert, dann ist es an der Zeit, die Frage aufzuwerfen, was wir dort eigentlich leichtfertig aufgeben.
Ist Deutschsein wirklich nur eine „Idee“? Ist diese Auffassung nicht vielmehr Ausdruck postmoderner Dekonstruktion der Begriffe, wie sie heute zum Beispiel auch in der „Gender-Debatte“ zu grandiosen geistigen Verirrungen führt? War nicht noch vor gut einem Jahrzehnt die Zugehörigkeit zum deutschen Volk zuvorderst an die Abstammung von eben diesem Volk gebunden? Wurde die Volkszugehörigkeit bis dahin nicht nur in wohldefinierten Ausnahmefällen auf Eingewanderte und Eingeheiratete erweitert? Können wir einfach alle Begriffe aufweichen und neu definieren, wie es uns in den politischen Kram passt? Oder müssen für neue Phänomene nicht auch neue Begriffe und neue Formen des politischen Umgangs gefunden werden?
Wissen wir wirklich, ob der Charakter unseres Volkes allein von kulturellen Ideen und Werten bestimmt ist und nicht auch – Sprachpolizei aufgepasst! – von genetischen, also ererbten Voraussetzungen? Als idealistisch und romantisch veranlagtes Volk, das wir nun mal sind, hätten wir es sicher gerne so, dass wir allein durch unsere positiven Ideale definiert sind. Doch wenn Selbstbild und Realität nicht übereinstimmen, gerät man nicht nur mit der Außenwelt schnell in Konflikt, sondern verwickelt sich auch in lähmende innere Widersprüche.
Nach der Überbetonung von „Blut“ und Abstammung im Nationalsozialismus war die reflexhafte Tabuisierung jeglicher Forschung in Bezug auf die Erblichkeit von Charakter und Mentalität durchaus verständlich. Deshalb haben wir keine wirkliche wissenschaftliche Grundlage, um zu behaupten, dass die charakteristischen Eigenarten unseres Volkes lediglich kulturell tradiert wurden. Wir können nicht ausschließen, dass das Wesen unseres Volkes „ethnokulturell“ bedingt ist, also in Teilen auch von der Ethnie, der „Abstammungsgruppe“, bestimmt ist, also genetisch ererbt wurde. Auch wenn uns das nicht gefallen mag, kann dies eine wissenschaftliche Realität sein, mit der wir uns bewusst auseinandersetzen müssten. Dies hat im öffentlichen Diskurs jedoch bisher kaum stattgefunden.
Nun gibt es natürlich Menschen, die mit dem Charakter unseres Volkes grundsätzlich nichts anzufangen wissen, die ihn am liebsten zerstören, abschaffen und auflösen wollen. Diejenigen, die unser Vaterland und die Liebe zum selben „stets zum Kotzen“ fanden, brauchen an dieser Stelle deshalb natürlich gar nicht weiterzulesen. Die brauchen auch keine weiteren Fragen stellen, die können hier aussteigen. Alle anderen müssten allerdings einräumen, dass wir eben keine wissenschaftliche Grundlage haben, um zu behaupten, Deutscher zu sein, sei lediglich eine Idee. Deutschsein sei gewissermaßen ein Vertrag, den jeder unterschreiben könne, der im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte und lauteren Herzens ist.
Die seriöse Forschung zum Thema der Erblichkeit von Charaktereigenschaften und Intelligenz ist noch relativ jung. Noch jünger ist die Berichterstattung zu diesen Themen. Nach dem Jahrtausendwechsel öffnete sich sogar im staatlichen Fernsehen ein Fenster der Berichterstattung zu dieser Forschung. Im Zuge der Massenmigration seit 2015 wurde dieses Fenster eilends wieder geschlossen.
In einem in diesem Zeitraum gesendeten Bericht auf Arte wurde ein Lehrer interviewt, der zehn Kinder adoptiert hatte. Er adoptierte die Kinder in dem Glauben, dass „höchstens zehn Prozent aller geistigen und mentalen Fähigkeiten erblich bedingt sind, 90 Prozent sind erlernbar“*. Zum Zeitpunkt des Interviews, da seine Kinder nunmehr erwachsen waren, sagte der zehnfache Vater dann: „Glauben sie mir, ich liebe alle meine Kinder, so wie sie sind. Aber heute würde ich sagen: Es ist genau umgekehrt. Zehn Prozent aller Fähigkeiten sind erlernbar, der Rest ist erblich bedingt“.
Die Vorstellung in einer Welt zu leben, in der aus jedem Menschen alles werden kann, wenn ihm nur die Mittel und Möglichkeiten dazu gegeben werden, ist natürlich weit verbreitet. Der Film „Die Glücksritter„, mit Dan Aykroyd und Eddie Murphy, brachte dies 1983 in unterhaltsamer Form zum Ausdruck – man kann auch sagen, er propagierte diese Vorstellung. Im Wechselspiel von Sein und Bewusstsein hat in diesem Film das Sein (brav der marxistischen Lehre folgend) immer das erste und letzte Wort. Die gesellschaftlichen Umstände stecken hier den Rahmen ab, in dem das Bewusstsein überhaupt erst agieren kann. Dieses Denken ist für die eigene Psyche natürlich sehr behaglich. Denn für die eigenen Beschränkungen (die jeder Mensch hat) kann man bequem die „gesellschaftlichen Umstände“ verantwortlich machen. Und so ist uns diese Art zu denken sehr lieb geworden. Und was uns lieb ist, das stellen wir nur ungern infrage. Doch der gesamtgesellschaftliche Preis für unsere individuelle Bequemlichkeit könnte in Deutschland bald sehr hoch sein.
Die Realität zu ignorieren, wird über kurz oder lang immer zur Lüge und zur Erzwingung des Schweigens führen, also zur Zensur. In der sogenannten Gender-Debatte, aber auch in der nicht stattfindenden kritischen Klimadebatte, kann man dies heute bereits wieder erleben.
Es gibt übrigens kaum eine amerikanischere Denkweise, als anzunehmen, Deutsch zu sein, sei eine „Idee, zu der man sich bekennen könne“. Das entspricht nämlich sehr genau der Selbstauffassung der US-Gesellschaft, die aus historischen Gründen eine traditionelle Einwanderungsgesellschaft ist. Diese Vorstellung mag dort richtig und sogar segensreich sein. Sie macht auch mit das Einmalige dieses großen Landes aus, einschließlich der mit einer multikulturellen Einwanderungsgesellschaft verbundenen besonderen Probleme. Ob wir aber ausgerechnet dieses Modell auf unser Land übertragen wollen, das eine völlig andere Geschichte und Tradition aufzuweisen hat, sollten wir zumindest sehr sorgsam prüfen.
Es überrascht doch sehr, dass eine derartig amerikanische Vorstellung vom „Deutschsein als Idee“ bereits bei einem AfD-Politiker vorzufinden ist, der uns ansonsten davor warnt, dass Deutschland zum Vasallenstaat der USA verkommen sei. Viel nötiger als ein „Friedensvertrag“ mit den USA abzuschließen, scheint es daher zu sein, zunächst eine geistige Souveränität zu entwickeln, die uns vom unterschwelligen amerikanischen Kulturimperialismus entkoppelt. Von zentraler Bedeutung ist dabei auch die Vorstellung darüber, wie wir als deutsches Volk die Zugehörigkeit zu „uns“ rechtlich definieren wollen.
Wir sollten uns dabei nicht einreden lassen, derartige Überlegungen hätten grundsätzlich etwas mit Chauvinismus, übersteigertem Nationalismus oder Hass gegen Ausländer zu tun. Weder vor 2015 noch danach musste man hierzulande ein Deutscher sein, um in unserer Gesellschaft voll anerkannt und respektiert zu werden. Das sieht man nicht nur an der Begeisterung für ausländische Fußballspieler und Rockstars, sondern das kann auch jeder tagtäglich im Büro, auf der Baustelle oder am Fließband erleben. Dort ist der ausländische Kollege in der Regel einfach der Kollege. Dessen Herkunft ist allenfalls ein Grund für kulturelles Interesse, aber nicht Anlass für Abwertung oder gar Verachtung.
Unser Land war und ist auch immer offen gewesen, Menschen in unser Volk aufzunehmen und zu integrieren. Und dies geschah richtigerweise, ohne dem Hinzukommenden eine Assimilation abzuverlangen. Denn erzwungene Assimilation ist ein Verbrechen, wie der türkische Präsident Erdogan einmal richtigerweise sagte. Und doch wäre es insgesamt ein sehr mutloses Verständnis von Toleranz, wenn man glaubt, mit dem Fremden nur dadurch fair umgehen zu können, dass man ihn um jeden Preis zu einem Deutschen machen müsste.
In diesem Beitrag „Pro Abstammungsprinzip“ soll es aber ausdrücklich nicht darum gehen, Menschen auszuschließen, die sich unserem Land zugehörig fühlen. Denn es stimmt auch, was Dr. Tillschneider abschließend in der eingangs erwähnten Veranstaltung sagte: Sehr viele Deutsche mit Migrationshintergrund teilen unsere Werte und Vorstellungen und sind patriotischer gesinnt, als die Menschen, von denen wir derzeit regiert werden.
Wir sollten bloß vorsichtig sein, was wir in der Einbürgerungsfrage aufgeben, ehe wir nicht genau wissen, was wir da aufgeben. Wir sollten immer prüfen, ob politische Weichenstellungen mit den existierenden wissenschaftlichen und faktischen Realitäten kompatibel sind. Zum Thema Erblichkeit von Charakter und Mentalität sind diese Realitäten in unserem Land aber bis heute wenig erforscht und noch weniger diskutiert.
Die Massenmigration, wie sie seit 2015 aktiv betrieben wird, kann man mit sehr viel Berechtigung als Mittel der Kriegsführung gegen unser Land betrachten; auch wenn sie dem Anschein nach von unseren eigenen Politikern betrieben wird. Sie erfüllt auch die erweiterte Definition eines Völkermordes, der nicht immer blutig ausgeführt werden muss, sondern auch durch gezielte Massenansiedlungen von Fremden durchgeführt werden kann, um die ethnokulturelle Kontinuität eines Volkes aufzulösen; so wie dies beispielsweise auch die Chinesen in Tibet betreiben. In dieser Situation sollten wir daher sehr vorsichtig sein, welche rechtlichen Einfallstore wir leichtfertig öffnen, die wir so leicht nicht mehr werden schließen können. Über das, was Deutschsein ausmacht und wie wir es definieren müssen, damit es unserer Kultur, Tradition und Abstammung entspricht, sollten wohlmeinende Patrioten jedenfalls sehr gründlich nachdenken.
*) Es muss hier mehrfach aus der Erinnerung zitiert werden, denn wie in George Orwells „1984“ verschwinden interessante, kritische Beiträge des staatlichen Rundfunks wie von Geisterhand aus den Online-Archiven, wenn sie nicht mehr zur aktuellen politischen Doktrin passen.