Merz versagt, AfD profitiert

Friedrich Merz scheitert daran, die CDU vom Mief und Muff der Merkel-Jahre zu befreien. Der dringend notwendige klärende Meinungsstreit in der Partei wird auch unter Merz weiter vertagt. Die AfD profitiert nicht nur von der katastrophalen Politik der Ampelkoalition, sondern auch von der Führungsschwäche in der Union.

Friedrich Merz (Bildausschnit von European People’s Party, European People’s Party auf wikimedia, Lizenz: Creative Commons 2.0) und Alice Weidel (Bildausschnitt von Sandro Halank auf wikimedia, Lizenz: Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/)

Während die Ampel des Grauens unser Land Tag für Tag tiefer in die finale Katastrophe führt, dümpelt die Union unter „Hoffnungsträger“ Friedrich Merz bei Umfragewerten herum, die auch Armin Laschet vor seiner historischen Wahlniederlage durchaus erreicht hat. Der CDU gelingt es nicht, von der greifbaren Schwäche der rot-grün-gelben Chaostruppe wirklich zu profitieren. So begnügt man sich in der Union mit den Brosamen, die vom Tisch der desolaten Regierungskoalition herunterfallen und verwechselt dies mit eigener Stärke. Der milliardenschwere Staatsfunk nährt diesen Selbstbetrug in der ehemaligen Volkspartei und hält ihr die einzig echte Konkurrenz im Oppositionsgeschäft, die AfD, so gut es geht vom Hals. Echte Oppositionsarbeit wird CDU und CSU nicht abverlangt, denn solche ist bei der Mainstream-Journaille in Wahrheit unerwünscht.

Um doch irgendwie den Anschein von Parteienstreit unter den Altparteien aufrechtzuerhalten, werden daher kleinste Abweichungen vom politisch korrekten Meinungskorridor zu großen politischen Konflikten aufgeblasen. Wie kürzlich bei seiner Äußerung zum „Sozialtourismus“ von Ukrainern wird Merz dann gerne unterstellt, er „kopiere“ die AfD. Das hört sich nach dem schlimmsten Vorwurf an, den sich die selbsternannten „demokratischen Parteien“ untereinander machen können. Doch auch dies ist nur ein billiger Trick, um Pseudoopposition künstlich aufzuwerten. Denn wenn Merz tatsächlich die AfD kopieren würde, dann könnte man ja schön brav wieder CDU/CSU wählen, ohne sich selbst ins soziale Abseits stellen zu müssen, wie es bei einer Wahl der AfD der Fall wäre. Motto: Lieber wähle ich die „saubere“ Kopie als das „schmutzige“ Original.

Doch eine solche Kopie ist im Falle von Scheinoppositionellen wie Merz niemals wirklich eine Kopie, sondern sie ist immer eine Fälschung, eine Attrappe, also eine Kopie ohne echten Inhalt und ohne Wert. Denn stets ist das Wortgeklingel und der darauf folgende Theaterdonner frei von jeglicher politischer Substanz.

Schaut man sich beispielsweise einmal an, was Merz mit der Vokabel „Sozialtourismus“ kritisiert hat, so sieht man, dass es sich, im wahrsten und traurigsten Sinne des Wortes, um einen Nebenkriegsschauplatz handelt. An der echten Ursache, am Krieg in der Ukraine und an der Eskalationspolitik der Bundesregierung, möchte Merz nämlich nicht wirklich etwas ändern. Im Gegenteil treibt die Union die Regierungskoalition mit ihren steten Forderungen nach weiteren Waffenlieferungen, mehr Sanktionen und mehr Eskalation scheinbar vor sich her. Forderungen nach Mäßigung, nach mehr diplomatischen Bemühungen oder wenigstens nach Beachtung der deutschen Wirtschaftsinteressen in der Sanktionspolitik vernimmt man dagegen von keiner der Unionsparteien. Substanzielle Kritik am Kurs der Ampel bleibt der AfD vorbehalten, die natürlich im medialen Mainstream genau deshalb nahezu komplett ausgeblendet wird.

Dass Merz selbst für die flaue Formulierung vom „Sozialtourismus“ dann noch eilfertig Abbitte leistete, gehört ebenfalls zur scheinoppositionellen Inszenierung. In dieser Weise bestätigt man die linke Diskurshoheit durch eigene Unterwerfung unter dieselbe. Wer über die Zulässigkeit von Worten entscheiden kann, bestimmt die Grenzen des Sagbaren und somit auch die Grenzen des politisch Forderbaren. Sofort verlagerte sich daher auch die öffentliche Debatte auf die Frage, wie Merz es überhaupt wagen könne, so etwas zu äußern. Es folgte der Auftritt der üblichen politischen Sittenwächter.

Nur die Parteiführung der AfD wies in einer sehr sehenswerten Pressekonferenz darauf hin, dass der Begriff „Sozialtourismus“ als solcher ja schon eine Verharmlosung darstellt, für den man sich mitnichten entschuldigen muss. Denn die treffende Bezeichnung dafür war und ist: Sozialbetrug am deutschen Steuerzahler. Zudem erinnerte Frau Weidel auch daran, dass diese Probleme nicht erst seit dem Ukraine-Krieg bestehen, wie Merz es hier suggerieren will, sondern spätestens seit der von CDU/CSU zu verantwortenden kulturfremden Masseneinwanderung in 2015. Die von Merz hier bloß zaghaft angedeutete Problematik wurde von der AfD also bereits seit Jahren klar benannt.

Wäre die Sozialtourismus-Posse der einzige Rohrkrepierer, den Merz zu verantworten hätte, könnte man getrost darüber hinwegsehen. Doch muss man sich in seinem Falle wirklich fragen, ob er überhaupt gewillt ist, echte Oppositionsarbeit zu leisten. Sicher wurde er von den CDU-Mitgliedern genau mit diesem Auftrag (wenn auch knapp) gewählt. Er zehrte bis dahin von seinem Image als Merkels Intimfeind, welches er sich in den 90er-Jahren erworben hatte. Als er damals nicht nur Merkel, sondern der Politik insgesamt den Rücken kehrte, legten ihm das noch sehr viele als „konsequente Haltung“ aus, statt es schon damals als Feigheit und Prinzipienlosigkeit zu erkennen.
Als vermeintlich echter Marktwirtschafter verließ Merz damals die politische Manege und blieb vielen so in Erinnerung. Doch kehrte er nach seiner Karriere beim Finanzmoloch BlackRock niemals als der Friedrich Merz in die Politik zurück, der er einstmals gewesen ist.

Geflissentlich wird von Merz-Anhängern heutzutage übersehen, dass Merz sich bereits sehr früh für schwarz-grüne Koalitionen ausgesprochen hat. Und auch am Kurs der Union hat Merz seit seinem Amtsantritt nichts Substanzielles verändert: Die „Werte-Union“ wurde unter seiner Führung nicht etwa in die Partei reintegriert, sondern durch den Parteiausschluss von Max Otte quasi enthauptet und kaltgestellt. Das Signal, dass in Sachen Meinungsfreiheit der totalitäre Merkel-Kurs auch unter Merz fortgesetzt werden soll, konnte nicht deutlicher ausfallen. Wie um dies noch einmal zu unterstreichen, verweigerte Merz auch seine persönliche Teilnahme an einer Veranstaltung mit der Begründung, dass zu dieser auch Henryk M. Broder und Joachim Steinhöfel eingeladen waren, die der AfD nahestünden. Und selbst in Sachfragen schließt Merz jegliche Kooperation mit der AfD nach wie vor kategorisch aus – zum Schaden unseres Landes. Er belässt die Union somit in der selbstverschuldeten strategischen Gefangenschaft der Linksgrünen. Und so gilt auch in Zukunft: Wer CDU/CSU wählt, wählt Grüne.

Die geistige Enge und der Muff der sechzehn Merkel-Jahre dauern in der Union also an. Ganz zu schweigen davon, dass auch der Parteiapparat weiterhin aus eben jenen Klatschhäschen besteht, die der Deutschlandabschafferin Merkel einst 11 Minuten lang stehenden Applaus spendeten. Merz hat es in dramatischer Weise versäumt, unmittelbar nach seiner Wahl einen personellen Neuanfang in der CDU einzuleiten.

Auch um diese personelle Altersschwäche der CDU zu übertünchen, ließ Merz es zu, dass sich auf dem Parteitag der CDU die verheerende Forderung nach einer Frauenquote durchsetzen konnte. Die Union besteigt damit als letzte Partei ein sterbendes linksgrünes Steckenpferd, das mittlerweile selbst die politische Linke am liebsten heimlich entsorgen würden. Es ist kaum möglich, gestriger zu wirken, als den politischen Modetrends von vor 10 Jahren hinterherzulaufen. Wenn man sich zudem an die Frauen erinnert, die die Union zuletzt prägten („AKK“, von der Leyen, Merkel etc.), so läuft es jedem wirklich Konservativen bei der Vorstellung einer Frauenquote in der Union kalt den Rücken runter. Doch Merz hatte auch in dieser Frage weder den Willen noch die Führungsstärke, die linksvergrünten CDU-Delegierten vor sich selbst zu schützen.

Ebenso wenig schafft es Merz, die Union in wesentlichen politischen Fragen geeint hinter sich zu versammeln. So stimmte die Union zwar im Bundestag gegen das sogenannte Infektionsschutz-Gesetz, ließ diesem Gesetz aber im Bundesrat die notwendigen Stimmen zukommen, um es in Kraft zu setzen. Auch geht Merz nicht gegen Erklärungen von CDU-geführten Ländern wie NRW vor, den Ermessensspielraum dieses schändlichen Gesetzes voll auszuschöpfen. Die Union wirkt so in Fragen der Corona-Maßnahmen-Politik gespalten, doppelzüngig und führungslos.

Merz lässt es auch dem CDU-Ministerpräsidenten Kretschmer in Sachsen durchgehen, dass er sich aus der Einheitsfront der Kriegstreiber in Deutschland zurückzieht. Kretschmer „kopiert“ (siehe oben) eifrig die deeskalierenden AfD-Forderungen zum Russland-Ukraine-Konflikt. Dass Merz dazu dröhnend schweigt, erspart ihm zwar öffentliche Konflikte, beschädigt die Glaubwürdigkeit der CDU allerdings langfristig massiv. Der mediale Mainstream schweigt ebenfalls zu dieser handfesten Spaltung in der einst gesamtdeutschen CDU; und zwar in der Hoffnung, diese zweigleisige Unionspolitik würde der AfD in Sachsen schaden. Die Umfragen, die die AfD auch in diesem Bundesland mittlerweile recht klar auf Platz 1 sehen, sprechen eine andere Sprache.

Doch nicht nur in Sachsen schafft es die AfD vorbildlich, aus dem Ampel-Chaos und der Führungsschwäche der Union ihren Honig zu saugen. In nahezu allen Umfragen, egal ob zu Landtags- oder Bundestagswahlen, steigt die AfD deutlich. In den meisten Umfragen verzeichnet sie seit dem Sommer einen Zustimmungszuwachs um nahezu die Hälfte. Im gesamten Osten Deutschlands ist sie mittlerweile die stärkste politische Kraft. Der Versuch sie auf Dauer sozial zu ächten und politisch auszugrenzen wird absehbar scheitern. Gegen 30 Prozent der Bevölkerung wie in Sachsen ist ein solcher Kurs nicht durchzuhalten.

Der derzeitige Erfolg der AfD kommt dabei nicht von ungefähr. Die AfD hat in den letzten Jahren immer genau das getan, wozu der Union der Mut fehlte. Sie hat ihr Führungspersonal ausgetauscht, sobald dieses es an klarer Opposition vermissen ließ und den Eindruck erweckte, sich in diesem politischen System mit seinen lockenden Pfründen bequem einrichten zu wollen; zuletzt traf es Jörg Meuthen. Die AfD ist auf lange Sicht nie der Versuchung des politischen Opportunismus erlegen, sondern sie hat immer wieder gegen den Zeitgeist den Mut zur Wahrheit gefunden. Schon in ihrem Grundsatzprogramm von 2016 erhob sie zum Beispiel die damals völlig unpopuläre Forderung nach dem Weiterbetrieb intakter AKWs. Diese Forderung wird jetzt von Union und FDP fleißig abgekupfert. Auf ihrem letzten Parteitag hat die AfD diese Position mit der Ankündigung nachgeschärft, auch neue AKWs bauen zu wollen. Auch diese noch unpopuläre Forderung der AfD wird früher oder später von den Altparteien in gewohnter Weise „kopiert“ werden.

Den Mut, unbequeme und unpopuläre Wahrheiten auszusprechen, sollte sich die AfD also unbedingt bewahren. Denn nur durch diese Ecken und Kanten hat die AfD das scharfe Profil gewonnen, sodass sie in der jetzt für alle sichtbaren Krise als klares Gegenmodell zu den verbrauchten Altparteien erkannt wird. Wenn sie auch nicht die größte Oppositionsfraktion ist, so bestimmt sie doch längst die Oppositions-Agenda in diesem Land. Die AfD ist so zum Oppositionsführer der Herzen für alle jene geworden, die sich wirklich nach einem Ende des täglich schlimmer werdenden politischen Wahnsinns sehnen.

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