Wie Pippi zur Erzieherin Fräulein Prysselius („Tante Prusseliese“) mutierte. Ein Nachruf zu Lebzeiten auf Greta Thunberg und den sterbenden grünen Lifestyle.
Politik kann legitime Interessenvertretung, verdecktes Profitstreben oder Ideologie sein. Wenn sie das nicht ist, dann ist Politik in der Regel Psychologie, Millieugeborgenheit oder bloßes Design. Für finanziell sorglose Politikkonsumenten dürften Millieugeborgenheit und Design sogar die Hauptfaktoren sein, die ihre politische Selbsteinordnung bestimmen. Welche Meinung steht mir? Was gilt als schick bei Kollegen und Nachbarn? Das sind die stillen Fragen, die das politische „Denken und Handeln“ solcher Menschen bestimmen.
Keine Partei in Deutschland ist heute so stark mit einem konkreten Lifestyle assoziiert wie die Grünen. Nie dürfen in einem Vielfaltshaushalt heute auf einem Tisch zwei gleiche Kaffeetassen stehen. Bunt MÜSSEN sie sein! Und fünf Kaffeetassen müssen mindestens sechs Geschlechter haben. Jeder Stuhl muss ein Einzelstück sein. Spätestens bei fünf gleichen Stühlen beginnt der Gestaltungsfaschismus. Hautfarbe spielt absolut keine Rolle, aber Mama und Papa sind doch sehr stolz, dass die Tochter einen echten Schwarzen mit nach Hause bringt. Auch der pubertierende Sohn lässt hoffen, denn noch weiß er nicht, ob er sich geschlechtlich als Fuchs oder Fahrradständer identifizieren soll. Dass für den Frieden Friedenspanzer geliefert werden müssen, das weiß heute jedes grüne Kind! Dass dies vor der nächsten Wahl wieder anders sein kann, auch. FFP2-Masken sind gesund für Kinder, Holzspielzeug auch. Die kleine Luisa spielt mit dem Holzpanzer im Sandkasten. Berührungsängste mit dem Thema Krieg sollen so abgebaut und Genderstreotype überwunden werden. Am Balkon hängt die Ukraine-Fahne, oder was sonst gerade das „current thing“ ist. Der Schutz der nationalen Integrität der Ukraine ist sooo wichtig. Der Schutz der deutschen Integrität natürlich nicht. Das wäre ja Nazi! Die ganze Familie ist 8-fach geboostert und immer noch stolz darauf. Doch auf den Tisch kommt nur das vegane Schnitzel aus kontrolliert biologischem Anbau. Gentechnik (im Essen) lehnen die freiwilligen mRNA-Probanden nämlich nach wie vor strikt ab!
Wer in diesem Mikrokosmos kognitive Dissonanzen erfährt, der darf sie gerne für sich behalten. Demokratie ist super (da gibt es so viel staatliche Pöstchen). Aber offener Diskurs muss ja nun wirklich nicht unbedingt sein. Denken und Logik sind sowieso in höchstem Maße der toxischen Maskulinität verdächtig. Es wird gefühlt und nicht gedacht in der Villa Kunterbunt! Zwei mal drei macht vier, widdewiddewitt …
Die schreiend bunte Vielfalt ist heute so bunt, dass sie schon wieder grau wird. Ja, ja, wir sind heute alle Individuen! – „Ich nicht!“, möchte man da mit Monty Python dazwischen brüllen. Denn wer Originalität und Individualität derart offensiv vor sich hertragen muss, dem fehlt meist nichts mehr als genau diese Eigenschaften. „Kink“, „Cosplay“ und jährlicher „Genderwechsel“ sind Maskeraden. An Maskeraden ist prinzipiell nichts auszusetzen, doch unter diesen Masken ist oft nicht mehr viel zu finden: keine Inspiration, keine Bildung und vor allem keine geistige Individualität.
Greta Thunberg, von der vielleicht in der einen oder anderen Villa Kunterbunt noch ein Poster an der Wand hängt, hatte noch etwas Authentisches. Zumindest war das politische Produkt Greta™ genau darauf hin designt. Sie sollte das infantile bunte Treiben mit Schwere, Ernst und Sinnhaftigkeit unterfüttern. Aus Schweden stammend, mit geflochtenen Zöpfen und auf liebenswürdige Art etwas knulle autistisch, war Greta eine Art reale Inkarnation der lindgrenschen Pippi-Langstrumpf. Doch Gretas heroischer Kampf gegen das Weltklima machte aus der tollen Göre eine missionarische Heilige, die uns mit ihrem cleveren Ablasshandel vor der „Klimahölle“ bewahren sollte.
Das entgrenzte Ego und die neurotischen Ängste dieses seelisch missbrauchten Kindes wurden fortan zum Maßstab allen politischen und gesellschaftlichen Handelns genommen. Kein durchgeknalltes Kind sollte je wieder durchgeknallte Klimaängste haben müssen. Pippi Langstrumpfs kindgerechter Furor wurde von Greta im „How dare you!“ (Wie könnt ihr es wagen!) aufgerufen und politisch verzweckt. Genau an diesem Punkt schlägt die wilde, anarchistische Pippi in die autoritär verklemmte Tante Prusseliese um. Man sieht, dass Prusseliese nichts anderes ist, als eine gealterte Pippi, die mit ihren narzisstischen Kränkungen und paranoiden Ängsten nicht anders umzugehen weiß, als alles und jeden zu reglementieren. Nur der prüdeste Klimatotalitarismus kann ihre Seelenpein noch besänftigen. Und wehe allen, die sich nicht nach dem engen Moralkodex von Frau Pippi-Prusseliese richten! How dare you!
Es sollte jetzt auch klar geworden sein, warum Lindgrens Pippi-Langstrumpf-Erzählung, die so eine Art Lifestyle-Bibel des grünen Milieus darstellt, natürlich einer sorgfältigen sittlichen Prüfung durch die neuen Prüderiewächter unterzogen werden musste. Aus Pippis Vater, der vorher „Negerkönig“ war, musste ein „Südseekönig“ werden. Stammbaummanipulationen sind zwar bei Heiligen nichts Ungewöhnliches, jedoch bleibt die kostbare Authentizität auf der Strecke.
Ginge es nur um Greta Thunberg, so bräuchte man kein Wort mehr über diese zu verlieren, weil diese sich mit ihrem recht unverhohlenen Antisemitismus ja selbst ins politische Abseits geschossen hat. Doch diese Wandlung von der Pippi zur Prusseliese ist heute mehrfach zu beobachten: Claudia Roth trägt, ungeachtet ihres Alters und ihrer Leibesfülle, zwar immer noch Kostüme, die einer Pippi würdig wären, doch ihr empörter, bigotter Tonfall ist heute doch eindeutig Prusseliese. Keine Partei redet heute so viel von „politischem Anstand“, wie ausgerechnet die Grünen, die einst in Jeans und Turnschuhen den Bundestagspräsidenten ein „Arschloch“ genannt haben. Und wenn man sich Frau Britta Haßelmann anschaut, dann ist das eine Frau, die in jeder Pippi-Neuinszenierung zur Erstbesetzung für die Prusseliese zählen würde. Eine Naturbegabung!
Permanente Empörung und geistige Prüderie, die nur einen sehr schmalen Korridor zulässiger Gedanken akzeptiert, sind heute zum Markenzeichen einer Partei geworden, die sich einst die „antiautoritäre Erziehung“ auf die Fahnen schrieb. Antiautoritäre Erziehung bei Kindern produziert autoritäre und dumme Erwachsene. Das kann man heute mit Blick auf unsere Trampolin-Ministerin wohl mit Fug und Recht behaupten.
Die gute Nachricht ist aber, dass das grüne Zeitalter zu Ende geht. Die inneren Widersprüche sind so groß geworden, dass auch legaler Cannabiskonsum sie nicht mehr dauerhaft überdecken kann. Kein Lifestyledesign wird diese Widersprüche überzeugend harmonisieren können. Nur noch hysterischer Kult, wie bei den „Omas gegen rechts!“ *, kann die Wahrnehmung dieser Schizophrenien noch eine Zeit lang überdröhnen. Pippi war gestern. Die grüne „Vielfalt“ scheitert an ihrer geistigen Einfalt und Prüderie. Heute ist Prusseliese und morgen ist’s aus. Das grüne Milieu ist nicht mehr schick. Die Lifestyle-Grünen sterben aus. Der grünen Partei bleiben als Wähler nur noch diejenigen, die direkt an ihrem Subventionstropf hängen. Das sind leider nicht wenige.
* allesamt Prusselieses auf der verzweifelten Suche nach ihrem „inneren Kind“, also Pippi.
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